Die Gottbills

CarlGottbillStrasse_kleinDen Namen Carl Gottbill kennt in Nunkirchen jeder. Zumindest die gleichnamige Straße. Dass sich hinter dem Straßennamen eine spannende Familiengeschichte verbirgt, ist vielen nur sehr schemenhaft bekannt. Dabei prägten die Gottbills mehr als ein Jahrhundert lang die Eisenproduktion in der Region. Und selbst heute noch findet man ihre Spuren sowohl fast im gesamten Saarland, als auch im benachbarten Trier.
Foto rechts: Jochen Kuttler

Fritz Glutting hat den Aufstieg der Familie und den ihrer Hütte(n), aber auch den Niedergang der Eisenproduktion im Hochwald in einem Artikel für die Saarbrücker Zeitung beschrieben. Der Beitrag für die SZ war in zwei Teilen (23. Februar und 2. März 2002) erschienen. Wir haben ihn hier zu einem Artikel zusammengefasst.

Wir geben den Bericht im Wortlaut wieder. Die Rechtschreibung wurde an die aktuelle Orthographie angepasst. Die Bilder wurden von uns eingestellt, sie waren also nicht Bestandteil des Originalartikels.

Fritz Glutting hatte sich bereits vor Erscheinen dieses Artikels in einem kürzeren Aufsatz im 1992 erschienen Heimatbuch mit der Geschichte der Eisenschmelzen in Nunkirchen und Münchweiler beschäftigt. Gleiches gilt für den Autor des ersten Heimatbuchs aus dem Jahr 1957. Matthias Müllers Beitrag über die Eisenproduktion in unserem Ort finden Sie hier.


Nunkirchen. Im Zug der so genannten Wallonischen Einwanderung (Bistum Lüttich) kam die Familie Gottbill in die durch den 30-jährigen Krieg bevölkerungsarm gewordenen Gebiete des Hunsrücks und des Hochwalds. Erste urkundliche Erwähnung der Gottbills finden wir in den Lohnabrechnungslisten des Neunkircher Eisenwerks vom März 1686 (im Jahr 1653 war die Schmelze wieder in Betrieb genommen worden). Dort ist ein Bartholomäus Godtbile, Hammerschmied, und sein Sohn Charles, Knecht am Frischfeuer aufgeführt. Charles, im weiteren Bericht als Carl (I) bezeichnet, hat dem Familienarchiv nach drei Geschwister: Johannes Baptist, Johanna und Catharina.

Wie fast alle wallonischen Hüttenleute wechselten auch die Gottbills von Hütte zu Hütte. Auf den Eisenschmelzen in Neunkirchen, Züsch und Dillingen waren sie anzutreffen. Des Umherziehens müde, bemühten sich die beiden Brüder Johannes Baptist und Carl (I) um das erzhaltige Gelände um das kurtrierische Nunkirchen als Standort für eine eigene Eisenschmelze. Sie wollten aus der lohnabhängigen Arbeiterschaft in die Stufe der Hüttenbesitzer aufsteigen, was aber nicht bedeutete, dass sie ihre einfache Herkunft vergaßen. Die erste Hammerschmiede. Von der Gemeinde Nunkirchen kauften die beiden am 1. September 1715 einen Platz zur Einrichtung einer Hammerschmiede und 1720 einen Platz zum WohnhausCarlGottbillBau eines Wohnhauses (das Foto links zeigt das Wohnhaus Anfang des 20. Jahrhunderts). Am 1. April 1724 wurde die kurfürstliche Genehmigung zur Erweiterung der Anlage erteilt, und zwar an Carl (I) Gottbill allein. Sein Bruder Johann Baptist hatte sich vermutlich krankheitshalber vom Geschäft zurückgezogen. Das benötigte Erz bezog man größtenteils aus Greimerath und Oberlöstern. Das einheimische Erz aus dem heute noch so benannten Eisenberg im Wahlener Gelände war qualitativ weniger geeignet
Johannes Baptist starb am 29. August 1729, einen Tag nach dem Tod seiner Ehefrau Catharina Bauer aus Dillingen. Von ihnen spricht das Kirchenbuch Nunkirchen in deutscher Übersetzung aus dem Lateinischen: „Den 28. August 1729 verstarb eines seligen Todes die hochachtbare Frau C. Gotbilt aus Nunkirchen und tags darauf verschied ebenso im Herrn ihr Gatte, der ehrengeachtete J. B. Gotbilt. Die Seelen dieser frommen Eheleute sollen in Gottes Frieden ruhen.“

Der kinderlose Bruder Carl (I) starb vier Jahre später am 27. Juli 1733 in Nunkirchen. Testamentarisch hatte er den fünf Kindern seines Bruders Johannes Baptist die Hälfte seines Vermögens vermacht und seinem Neffen Carl (II) die Leitung des Werkes übertragen. Durch diesen erlangte die Nunkircher Hütte eine bedeutende Stellung in der Region.

Das Erbe

Gemeinsam mit seinen beiden Schwägern Conrad Lehnen aus Büschfeld und Joseph Loth aus Blieskastel ging Carl (II) an den Ausbau des Nunkirchener und des St. Ingberter Werkes. In Nunkirchen wurde das Hüttenhaus fertig gestellt – mit den beiden Schmelzöfen und dem Frischfeuer, mit der Gießerei und dem Hammer, mit den Hallen zur Lagerung der Erze und Holzkohle, mit einem Teich und einem einen Kilometer langen Wassergraben, der vom Hösbach abgezweigt wurde. Diese Teile waren links und rechts am Ortsausgang in Richtung Losheim angelegt.

Produziert wurden Stabeisen, Schneideisen, Takenplatten als Wärmeleiter vom Küchenfeuer her für die Wohnstube, aber auch Gebrauchsgegenstände wie Bratpfannen, Brattöpfe, Henkel-Kessel und Öllampen. Die Erzeugnisse gingen meist in die Haushalte der Dörfer zwischen Hochwald und der Saar, wie eine Liste ausstehender Beträge bei 250 Kunden ausweist. DirektionsgebaeudeCarlGottbillDas Roheisen wurde an die Dillinger Hütte geliefert, wo es zu großen Blechtafeln ausgewalzt wurde. Von der Gesamtanlage des Nunkircher Werkes sind nur noch das Verwaltungsgebäude (heute ist es als Wohnhaus renoviert, unser Foto rechts zeigt er vor dem Umbau von 1904) und die Häuser Hoffmann auf der anderen Straßenseite vorhanden. Schwarzer Gartenboden zeigt heute noch die Aschenspuren des Frischfeuers. Der Schuldner aus Düsseldorf.

Geschäftsverbindungen der Nunkircher Hütte bestanden Mitte des 18. Jahrhunderts auch nach Homburg, Kaiserslauten, Koblenz und sogar nach Düsseldorf. Wieso auch ins entfernte Düsseldorf? Eine Beschwerde der beiden Hüttenmeister Carl (II) Gottbill und Conrad Lehnen im Jahr 1749 gibt Aufschluss. Ein Franz Lang aus Michelbach, einem Nachbarort von Nunkirchen, Bruder des Hochgerichts- und Grundmeyers Matthias Lang, des Erbauers der Michelbacher Kapelle, „anjetzo aber Residirend zu Düsseldorf“ schuldete dem Nunkircher Werk „wegen abgenohmen Eisen 1126 Thaler und noch ahn restant von Einem wechsel ohngefehr 500 Thaler, also in Toto = 1626 Thaler“. In welcher Eigenschaft dieser Franz Lang in Düsseldorf „residirte“, ist nicht angegeben. Der Schuldner wollte die Schuldsumme aus seinem Erbteil zahlen, was jedoch die Verwandten zu verhindern suchten. Die kurfürstliche Protokoll-Kammer in Koblenz sollte nun die Angelegenheit regeln. Das tat sie auch mit dem Decret vom 2. Juli 1749, in welchem „dem ältesten gerichtsscheffen zu Michelbach“ befohlen wurde, die aus der väterlichen Erbschaft zukommenden Effekten den Hüttenmeistern zu zahlen. Das Konsortium. Carl (II) rechtfertigte das Vertrauen, das sein Onkel in ihn gesetzt hatte, in höchstem Maße. Er hatte das Glück, in seinen beiden Schwägern Conrad Lehnen und Joseph Loth ihm gleichgeartete Fachleute zur Seite zu haben. Mit ihnen gründete er 1743 ein Konsortium, das weitere Hüttenwerke durch Erneuerung oder Übernahme erwarb, so unter anderem die Hütte im benachbarten Münchweiler. Dieses Werk war auf Betreiben des Freiherrn Karl Emmerich Zandt von Merl gegründet und 1738 in Betrieb genommen worden. Takenplatte_smallDie ersten in Münchweiler hergestellten Takenplatten weisen 1738 als Herstellungsjahr auf (Unser Foto links zeigt einer der Platten aus der Gottbill-Zeit). Aus Rentabilitätsgründen verpachtete der Freiherr das Werk an das benachbarte Konsortium in Nunkirchen. Die Nunkircher griffen erfreut zu, wollten sie doch keine Konkurrenz in unmittelbarer Nähe haben. Sie pachteten vorerst auf acht Jahre „wegen Ursachen, dass die Hidt zu nah bei der Nunkircher Hidt gelegen ist, wegen den Eisenhandell und Holzhandell sehr verterblich wahr“

Bereits am 22. April 1751 löste sich das Konsortium wieder auf. Die Konsorten waren übereingekommen, „dass es fortan zu eines jedweden Mitconsorten und seiner Erben Besten seyn würde, wan wir die Gewerkschaft auflösen und forthin an jeder Consort für sich hausen thäte“. Man teilte auf: Carl (II) Gottbill blieb in Nunkirchen, während Conrad Lehnen die Hütte in Münchweiler und Joseph Loth die in St. Ingbert verwalteten. Der Umzug nach Trier. Carl (II) siedelte um 1750 nach Trier über. Es ist nicht bekannt, warum er die Wohnung in Nunkirchen samt zehn Morgen Land – der Fabrikherr war auch ein tüchtiger Landwirt gewesen – aufgab und nach Trier verzog. Hatte er seine Ehefrau Carolina Johanna, als Catharina Mann 1703 in Nonnweiler geboren, mit ihren neun Kindern in Nunkirchen zurückgelassen? Kaum anzunehmen – wegen seiner religiösen Grundhaltung (1736 war er seines Ansehens wegen Kirchenschöffe in Nunkirchen geworden) und seines leutseligen Charakters. War also die Ehefrau mit den Kindern nach Trier mitgegangen und nach dem Tod ihres Gatten wieder nach Nunkirchen zurückgekehrt? Laut Kirchenbuch der Trierer Pfarrei St. Antonius starb „Gottbill Carl, Eisenhüttenbesitzer, Magister am 26. November 1755“. Das Nunkircher Sterberegister weist jedenfalls Catharina Godbills Tod für den 30. Mai 1773 und ihr Begräbnis in Nunkirchen nach. Der letzte Lebensabschnitt des Carl (II) Gottbill in Nunkirchen und Trier jedenfalls ist durch Archivalien nicht nachweisbar.

WappenGottbill_Klauck_kleinDas Nunkircher Werk

Der Tod von Carl (II) Gottbill bedeutete für das Nunkircher Werk (rechs das Wappen der Familie) die Wende zum Niedergang. In den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts scheint in Nunkirchen der Schmelzbetrieb zum Erliegen gekommen zu sein, denn in der Abrechnung vom 5. Januar 1771 mit den trierischen Behörden schuldeten Carl (II) Gottbill und sein Schwager Conrad Lehnen „von wegen der Aus gegangenen Schmeltz zu Nunckirchen…und der Münchweiler Hütte…noch 335 Reichstaler“. In Nunkirchen wurde wahrscheinlich nur noch der Hammer weiter betrieben.

Die Münchweiler Hütte

Was geschah aber mit dem Werk in Münchweiler? Der achtjährige Pachtvertrag zwischen den Hüttenmeistern Carl (II) Gottbill, seinen Schwägern Conrad Lehnen und Joseph Loth und dem Freiherrn Zandt von Merl war am 23. April 1751 um weitere sechs Jahre verlängert worden und zwar ausschließlich mit Conrad Lehnen, nachdem das Konsortiums der drei am Tag zuvor aufgelöst worden war. Lehnen führte die Münchweiler Hütte auf eigene Rechnung weiter. Auch über ihn existieren nur wenige persönliche Angaben. Nach elfjähriger Ehe starb seine Frau Anna Maria, eine Schwester von Carl (II), 1734 in Nunkirchen. Lehnen heiratete ein Jahr später in Lockweiler eine Antonette Weyer aus Trier, eine Schwester des Pastors von Lockweiler. Nach deren Tod ging der Büschfelder eine dritte Ehe ein mit der Witwe Schin aus Trier. Ein Sohn von ihm leitete nach dem Tod des Vaters 1759 die Hütte weiter bis zu ihrem zeitweiligen Stillstand. Ab 1788 übernahm eine Saarbrücker Eisenhandelsgesellschaft den Münchweiler Betrieb bis 1795. In diesem Jahr übernahmen die Gottbills die Münchweiler Hütte erneut und zwar von Mariahütte aus in Afterpacht (Unterpacht) – bis 1800.

Das alles geschah während der so genannten Franzosenjahre von 1794 bis 1814. Die von Zandt waren geflohen. Nach ihrer Rückkehr verkaufte 1819 Freiherr Carl Hugo das Werk für 35000 Franken an die Dillinger Hütte. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Steinkohle die Holzkohle ersetzte, kam das Ende für die Hütte in Münchweiler. Sie wurde 1868 stillgelegt. Kurz nach 1870 wurden die Wohnhäuser der Belegschaft auf dem Hüttengelände auf Abbruch verkauft. Die Schmelzanlagen wurden entfernt, so dass heute außer dem Teich nichts mehr an das ehemalige Eisenwerk erinnert.

Das Eisenwerk in St. Ingbert

Joseph Loth, der andere Schwager von Carl (II), starb bereits 1743. Seine Ehefrau Catharina geborene Gottbill übernahm nach Auflösung des Dreier-Konsortiums 1751 die Leitung des St. Ingberter Werkes und führte es mit großem Geschick weiter, bis sie es 1759 an den Peter Lauer abgeben musste. Dieser hatte der Herrschaft in Blieskastel eine höhere Pacht versprochen. Catharina Gottbill starb am 18. Februar 1762.

War nach dem Tod von Carl (II) die Familie Gottbill in die Bedeutungslosigkeit verschwunden? Von seinen neun Kindern führen jedenfalls nur zwei als Hüttenleute das Familienerbe weiter. Es sind Carl (III) und Nikolaus, geboren am 5. August 1736. Dieser übernahm das eher bedeutungslose Nunkircher Werk, das schließlich vor 1819 von den letzten Gottbills auf Mariahütte stillgelegt wurde, da man dort den Roheisenbedarf aus der Nähe bezog.

Im Sterberegister von Nunkirchen erfährt Nikolaus Würdigung (übersetzt aus dem Lateinischen): „Am 21. September 1781 starb eines plötzlichen Todes der sehr ehrenwerte Herr Nicolaus Gottbilt aus dem Hüttenwerk und wurde tags darauf auf diesem Friedhof unter der ersten eisernen Schwelle vor der Kirchentür unter den Gebeinen seiner Vorfahren, sie mögen ruhen in Frieden, begraben.“ Es ist die erste und einzige Erwähnung eines Familiengrabes der Gottbills an der damaligen Pfarrkirche in Nunkirchen, das allerdings bei den Notizen über den Abbruch dieser 1732 erbauten und 1782 erweiterten Kirche keine Erwähnung fand. Bürgermeister und Hüttenherr. Bruder Carl (III) Gottbill sollte eine weitaus wichtigere Rolle in der Hüttenfamilie spielen. Im Taufregister der Pfarrei Nunkirchen ist er als „Joanes Carolus Gottbilt“ am 28. Mai 1731 eingetragen. Taufpaten waren Johann Carl Gottbill und Maria Philippina N.N. aus Nunkirchen. Die Patin, die Schwester von Carl (II), war Nonne im Franziskanerinnen-Kloster in Trier. In den Akten aus seiner Verwaltungstätigkeit in Trier trägt der Getaufte den Vornamen Carl Ludwig. Das Bistums-Archiv Trier teilt dazu mit: „Aus den Taufurkunden ist nicht ersichtlich, wie er zu dem zweiten Vornamen gekommen sein könnte.“ Selbst sein Sterbeort wird verschieden angegeben. Das Trierer Bibliographische Lexikon lässt ihn am 2. November 1799 in Trier sterben, während das Sterberegister der Pfarrei Kastel Nr. 216, Seite 112 den Todesort Mariahütte angibt, begründet durch den Hinweis der französischen Kantonalregierung vom 11. Brumaire VIII, der aussagt: „Johann Joseph Gottbill ist hier erschienen und hat ausgesagt, dass sein Vater Carl Gottbill heute um halb fünf Uhr morgens in seinem Wohnhaus in der Buß (So wurde das Werk Mariahütte im Volksmund genannt) verstorben sei.“

In der Spanne von 1731 bis 1799 spielt sich das Leben dieses Mannes wie ein buntes Kaleidoskop ab, mit Bildern aus einem engagierten industriellen und öffentlichen Wirken. Über seine Jugendjahre ist nichts bekannt. Man darf annehmen, dass die Familie Gottbill ab 1750 in Trier lebte, dass die Kinder, zumindest die Söhne, bei der Familie Lehnen schon vorher untergebracht waren. Unklar wie vieles in der Literatur über die Familie Gottbill ist der Vermerk des Heimatforschers Franz Schneider: „Das Ehepaar Gottbill/Mann blieb in Nunkirchen sesshaft. Carl starb am 26. November 1755 in Trier; seine Witwe behielt ihren Wohnsitz bis zu ihrem Tod am 30. Mai 1773 in Nunkirchen, wie aus den Familienakten hervorgeht.“ Daraus darf man auf jede Möglichkeit schließen. Auch die, dass die Mutter in Nunkirchen blieb, während die Kinder, vor allem die Söhne, ihre Gymnasial-Jahre in Trier verbrachten, ehe jeder von ihnen zwischen 1753 und 1762 an der Trierer Universität als Baccalaures und Magister Artium eingetragen war.

Wie schon erwähnt, ist neben Nikolaus nur Carl (III) als Hüttenfachmann aufgetreten. Und das tat er voller Engagement und Sachkenntnis. Zu gern wüsste man, wie er die beiden Tätigkeiten in der Trierer Verwaltung (ab 1756 als Hochgerichts- und Ratsschöffe) und als Betreiber einer florierenden Eisenhütte miteinander verband. Die Akten schweigen darüber. Lediglich ein Ereignis wird immer wieder geschildert: „Die französische Revolutionsarmee siegte am 8. August 1794 in der Schlacht auf den Pellinger Höhen und rückte tags darauf vor die Stadt Trier. Am Neutor erwarteten AnzugCarlGottbillBürgermeister Carl Gottbill und sein Amtskollege Lintz den General Moreau und überreichten ihm die beiden an einem Ring hängenden kiloschweren Schlüssel der Stadt. Sie werden heute noch im Pariser Nationalarchiv aufbewahrt. Die Sieger zeigten sich wenig entgegenkommend. Im Gegenteil: Sie verlangten eine äußerst hohe Kontribution und drohten, bei Nichtzahlung innerhalb von zwei Tagen die Stadt in Schutt und Asche zu legen. Zur Erfüllung dieser Forderung stellte sich Carl Gottbill (seinen Bürgermeisteranzug kann man übrigens im Trierer Stadtmuseum bewundern, siehe Foto links) mit seinem ganzen Silberhaushalt und allen Wertsachen an die Spitze einer Sammlung und rettete Trier vor einem grausamen Geschick.“ Er war zu dieser Zeit zum dritten Mal Bürgermeister in Trier, wie die Inschrift auf einer von ihm gestifteten Figurengruppe in der St.-Antonius-Kirche aussagt. Als Hüttenherr zeigte Carl (III) dieselbe Entschlusskraft: 1764 erwarb er die Nonnweiler Werke der Familie Hauzeur, die wie die Gottbills ebenfalls aus Wallonien stammte und an der Wieder-Inbetriebnahme der Eisenwerke im Hochwald nach dem 30-jährigen Krieg maßgeblich beteiligt war. Der Preis betrug 8800 Reichstaler. Maria Hütte. Carl (III) baute die Nonnweiler Hütte, die er unter den Schutz der Gottesmutter gestellt und darum Maria Hütte genannt hatte, zu einem weithin anerkannte Eisenwerk aus. In der Umgebung hatte der neue Besitzer reichere Holz- und Erzvorkommen als im väterlichen Werk in Nunkirchen gefunden, in dem bis zum Erlöschen weiterhin nur „auf kleiner Flamme gekocht“ wurde.
Nach und nach brachte der umtriebige Carl (III) das gesamte Gottbillsche Hüttenerbe in seinen Besitz. Im Jahr 1789 zahlte er alle Geschwister und die Kinder aus den Ehen Lehnen/Maria Anna Gottbill und Loth/Catharina Gottbill aus. Carl selbst war seit 1762 mit Catharina Doell, Tochter des Gerichts- und Kirchenschöffen Doell aus Cochem verheiratet. Das Ehepaar hatte sieben Kinder, darunter fünf Söhne, die alle Hüttenmeister in ihren Betrieben mit der neuen Bezeichnung „Carl Gottbill sel. Erben“ (Mariahütte, Nunkirchen, Hubertushütte Bierfeld, Züscher Hammer und andere) wurden. Alle Kinder aus der Ehe Gottbill/ Doell sind bis auf den jüngsten Sohn Sebastian Joseph (1775-1803) ledig geblieben. Aus dessen Ehe mit Susanna Kleutgen aus Trier stammt die Tochter Susanna (1802-1871), die 1826 den preußischen Oberforstmeister Alexander von Beulwitz heiratete. Mit ihr starb die letzte Gottbill auf Mariahütte.

Vor ihr war der letzte männliche Namensträger Carl Richard Gottbill im Jahr 1836 verstorben, so dass ab diesem Jahr die Eisenwerke der Familie Gottbill nach über 120 Jahren in den Besitz einer anderen Familie übergingen.

GottbillstrasseTrier_kleinDie letzte Trägerin des Namens Gottbill in Nunkirchen war Maria Philippine, Tochter des Ehepaares Peter Franz Gottbill, einem Bruder von Carl (III), und der Anna Maria Raß aus Nunkirchen. Maria Philippine heiratete 1806 den Nikolaus Weyand aus Nunkirchen.

Das Andenken

In Mariahütte erinnern das alte Herrenhaus, von Carl (III) erbaut, in dem er auch starb, die ehemalige Kutschenremise, das so genannte Eulenhaus, eine Kapelle und eine Fabrikhalle, eines der ältesten Industriegebäude im Saarland, an die Zeit der Gottbills. Über die baulichen Zeugen hinaus wird das Andenken an die Eisenhüttenfamilie Gottbill in Straßennamen wachgehalten. In Nunkirchen heißt der Ortsteil, wo die Hütte stand, zu Ehren von Carl (II) Gottbillshütte mit der Carl-Gottbill-Straße. In Trier wird seit 1975 – so lange hat es gedauert – eine Straße im westlichen Industriegebiet nach dem ehemaligen Bürgermeister benannt (siehe Aufnahme rechts, Foto: Jochen Kuttler).